Amokläuferin war Sportschützin - Trennung wohl Ursache

Lörrach (dpa) - Die Amokläuferin von Lörrach ist vermutlich mit der noch frischen Trennung von ihrem Mann und dem fünfjährigen Sohn nicht klargekommen. Es liege nahe, «dass eine Beziehungsproblematik Auslöser für die Tat war», sagte der Leitende Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer in Lörrach.

Die von Polizisten getötete 41- jährige Sportschützin habe zuletzt «psychisch angespannt» gewirkt. In der Klinik, in der sie einen Pfleger erschoss, hatte sie vor sechs Jahren eine Fehlgeburt.

Die Rechtsanwältin Sabine R. brachte ihren Mann um, als der 44- jährige Schreiner am Sonntagabend den Sohn bei ihr in der Lörracher Innenstadt abholen wollte. Sie waren seit Juni getrennt. Der Junge lebte bei seinem Vater und war über das Wochenende zu Besuch bei seiner Mutter. Den bisherigen Ermittlungen zufolge wurde er erschlagen. Es liege der Verdacht nahe, «dass die Frau auch für diesen Tod verantwortlich ist», sagte Inhofer.

Warum Sabine R. dann auf dem Weg in die benachbarte St. Elisabethen-Klinik auf Passanten feuerte und in der gynäkologischen Abteilung einen 56-jährigen Pfleger erschoss, ist noch nicht geklärt. Ob die Fehlgeburt von 2004 «der Grund war, dass sie sich dort hinwandte, wissen wir nicht», sagte Inhofer. Der Krankenpfleger erlitt Stichverletzungen und Kopfschüsse. Ob die 41-Jährige den Mann kannte, sei noch unklar - bisher könne man keine Verbindung erkennen. Auf ihrem Weg zum Krankenhaus verletzte sie zwei Passanten. Einer erlitt einen Rückendurchschuss, der andere einen Streifschuss am Kopf.

Zu der Familientragödie war es in einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in der Lörracher Innenstadt gekommen. Sabine R. wohnte dort und hatte dort auch ihre Anwaltskanzlei; zuerst hatte es geheißen, ihr Mann habe in der Wohnung gelebt. «Wir haben bisher keine Erkenntnisse, dass die Frau psychiatrisch erkrankt war», sagte Inhofer.

Die Anwältin, die seit Dezember 2009 ihre Zulassung hatte, erschoss ihren Ex-Partner mit einer kleinkalibrigen Sportwaffe. Der Junge weise «Anzeichen von stumpfer Gewalt» auf, sagte Generalstaatsanwalt Uwe Schlosser. Nach Informationen der «Berliner Zeitung» (Dienstag) hatte der Junge zudem eine Plastiktüte über dem Kopf.

Die Sportschützin hatte rund 300 Schuss Munition mit in das Krankenhaus genommen. Die Sportwaffe «Walther Long Rifle» Kaliber 22 habe sie legal und rechtmäßig besessen, sagte Oberstaatsanwalt Inhofer: «Wir wissen, dass die Frau früher Mitglied eines Schützenvereins war.» Der Verein sei im Nordbadischen. Ob sie zuletzt noch Mitglied war, sei unbekannt.

Die Amokläuferin schoss in der Klinik auch zehnmal auf die Tür eines Patientenzimmers, in dem sich sechs Besucher aufhielten. Die Beamten, die die Frau erschossen, hätten aus Notwehr gehandelt. «Ich bin sicher, dass die Beamten durch ihren beherzten Einsatz einer Vielzahl von Menschen das Leben gerettet haben», sagte der Einsatzleiter der Polizei, Michael Granzow. In der Klinik schoss die Frau einem Polizisten ins Knie, der dem Pfleger zu Hilfe kommen wollte. Lebensgefahr bestand bei keinem der Verletzten mehr.

Aus dem brennenden Haus rettete die Feuerwehr sechs Erwachsene sowie ein Kind. 15 Bewohner mussten mit Rauchgasvergiftungen in Krankenhäuser gebracht werden. Im Einsatz waren rund 300 Polizisten und Retter aus ganz Südbaden.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) zeigte sich bestürzt darüber, dass nur eineinhalb Jahre nach dem Amoklauf von Winnenden wieder Tote und Verletzte zu beklagen sind. «Mein Mitgefühl gilt den Opfern und deren Familien», sagte Mappus in Stuttgart. Er dankte den Polizeibeamten und den Feuerwehrleuten, die durch einen schnellen «selbstlosen Einsatz» vermutlich Schlimmeres verhindert haben. Innenminister Heribert Rech (CDU) lobte, den Polizisten sei es gelungen, durch gezielte Schüsse die Amokläuferin zu stoppen und damit ein weiteres Blutvergießen zu verhindern. Von der Explosion bis zum letzten Schuss sind nach Angaben der Ermittler nicht einmal 40 Minuten vergangen.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, sagte, das Einsatzkonzept bei Amokläufen habe sich in Lörrach bewährt: «Das schnelle und beherzte Eingreifen der baden- württembergischen Polizei in einer unübersichtlichen und chaotischen Situation hat möglicherweise weitere Opfer verhindert.»

Die Deutsche Polizeigewerkschaft lehnt eine erneute Verschärfung des Waffenrechts nach dem Amoklauf von Lörrach ab. «Das Waffengesetz ist gut und reicht aus», sagte der Bundesvorsitzende Rainer Wendt der Nachrichtenagentur dpa. «Wir haben kein Gesetzes-, sondern ein Kontrolldefizit.» Wendt appellierte an die Kommunen, dafür mehr Personal einzustellen. Die sichere Aufbewahrung der rund zehn Millionen legalen Waffen in Deutschland müsse stärker kontrolliert werden. Zudem gebe es in der Bundesrepublik schätzungsweise rund 20 Millionen illegale, nicht registrierte Waffen, sagte Wendt.

Kriminalität
20.09.2010 · 22:30 Uhr
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