Ärger mit der AfD zum Start des neuen Bundestags

Berlin (dpa) - Dem neuen Bundestag droht gleich in der ersten Sitzung ein Eklat. Bei der Wahl des Parlamentspräsidiums am Dienstag wollen Politiker aller anderen Fraktionen den AfD-Kandidaten Albrecht Glaser für einen Stellvertreterposten durchfallen lassen.

Die nationalkonservative Alternative für Deutschland, die nach Union und SPD die drittstärkste Fraktion im neuen Parlament stellt, will nicht einknicken. Sie beschloss am Montag keinen Ersatzkandidaten aufstellen. Der Ausgang des Streits ist völlig offen.

Zum Präsidenten des Bundestags soll in der konstituierenden Sitzung der bisherige Finanzminister Wolfgang Schäuble gewählt werden. Der 75-jährige CDU-Politiker übernimmt damit das formell zweithöchste Staatsamt nach dem Bundespräsidenten, aber noch vor der Bundeskanzlerin. Die AfD will geschlossen gegen Schäuble stimmen - unter anderem wegen seiner Eurorettungspolitik.

Jede der sechs anderen neben der CDU im neuen Bundestag vertretenen Parteien erhält einen Vizeposten. Bisher war es üblich, dass die Stellvertreter fraktionsübergreifend gewählt werden. Der 75-jährige AfD-Politiker Glaser stößt jetzt aber in allen anderen Fraktionen auf Ablehnung.

Stein des Anstoßes sind Äußerungen des früheren Frankfurter Stadtkämmerers über den Islam. In einer Rede bei einer AfD-Veranstaltung im vergangenen April hatte Glaser gesagt: «Wir sind nicht gegen die Religionsfreiheit. Der Islam ist eine Konstruktion, die selbst die Religionsfreiheit nicht kennt und die sie nicht respektiert. Und die da, wo sie das Sagen hat, jede Art von Religionsfreiheit im Keim erstickt. Und wer so mit einem Grundrecht umgeht, dem muss man das Grundrecht entziehen.» Glaser schränkte später ein, seine Äußerung sei nicht auf die einzelnen Muslime gemünzt gewesen, sondern auf den Islam als Religionsgemeinschaft.

Der AfD-Politiker benötigt in den ersten beiden Wahlgängen die Stimmen der Mehrheit aller Abgeordneten, also 355 von 709. Im dritten Wahlgang reicht es, wenn er mehr Ja- als Nein-Stimmen bekommt. Wenn der Kandidat auch dann noch durchfällt, muss der Ältestenrat entscheiden, wie es weitergeht.

Streit um die Kandidatur eines Bundestagsvizepräsidenten gibt es nicht zum ersten Mal. Im Herbst 2005 fiel Linkspartei-Chef Lothar Bisky in vier Wahlgängen durch. Die Fraktion stellte schließlich im Frühjahr 2006 Petra Pau als Ersatzkandidatin auf. Sie wurde im ersten Anlauf gewählt.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber rief dazu auf, dem Streit über den AfD-Kandidaten nicht zu große Bedeutung zukommen zu lassen. Es sei eine «Sternstunde des Parlamentarismus», wenn ein neues Parlament zusammentrete, sagte er am Montag nach Sitzungen der CDU-Spitze in Berlin. Deswegen sei er «nicht geneigt, jetzt bei jeder beginnenden Parlamentssitzung mir die Frage zu stellen: Was tut diese eine neue Fraktion oder ihr Kandidat?»

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, die AfD-Entscheidung, gegen Schäuble stimmen zu wollen, sei in der Union «mit großem Interesse zur Kenntnis genommen». Er ergänzte: «Da kann sich jeder vorstellen, wie das in unserer Fraktion wirkt.»

Linke-Chef Bernd Riexinger mahnte, mit der AfD würden «neofaschistische Kräfte» in den Bundestag einziehen.

Der Fraktions- und Parteivorsitzende der Liberalen, Christian Lindner, sagte nach einer Sitzung der FDP-Bundestagsabgeordneten, die Partei unterstütze den Brauch, «dass jede Fraktion des Hauses auch im Präsidium des Deutschen Bundestages vertreten ist». Die Entscheidung über die einzelnen Kandidaten bleibe indes jedem FDP-Abgeordneten selbst überlassen. «Die Eignung, die politische, die charakterliche Eignung einer Persönlichkeit (...) haben wir in die Hände unserer Kolleginnen und Kollegen gegeben.»

Die Eröffnungsrede im neuen Bundestag hält der FDP-Politiker Hermann-Otto Solms als Alterspräsident. Er ist der Abgeordnete mit den zweitmeisten Dienst- (33) und auch den zweitmeisten Lebensjahren (76). Eigentlich hätte Schäuble das Rederecht zur Eröffnung gehabt, weil er seit 45 Jahren dem Bundestag angehört und damit so lange wie kein anderer Abgeordneter. Da er aber nach seiner als sicher geltenden Wahl zum Bundestagspräsidenten eine Antrittsrede halten wird, ließ er Solms den Vortritt.

In der vergangenen Legislaturperiode waren noch die Lebensjahre für die Bestimmung des Alterspräsidenten ausschlaggebend. Kurz vor der Wahl wurde diese Regel aber geändert. Andernfalls hätte der 77 Jahre alte AfD-Politiker Wilhelm von Gottberg die erste Sitzung eröffnet.

Bundestag / Parteien / #Jamaika / Deutschland
23.10.2017 · 19:34 Uhr
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