Abyss Odyssey: Der Abstieg zur Hölle
Mit dem chilenischen Entwickler ACE Team lässt sich vielleicht vieles verbinden, normale 08/15-Spiele sind allerdings nicht so ihr Ding. Ihre unkonventionelle Art konnte man schon bei Zeno Clash, Zeno Clash 2 oder Rock of Ages bewundern.
Da verwundert es auch nicht unbedingt, dass sie mit Abyss Odyssey wieder einen Titel herausgebracht haben, der mit einer neuartigen Storyline und einer Mischung aus Rogue-liken Gameplay und Metroid die Kundschaft hinter den Ofen hervorlocken soll.
Träumende Teufel in Chile
Wir schreiben das Jahr 1890. Normalerweise ist Santiago de Chile ein beschauliches Örtchen, bis eines Tages buchstäblich die Hölle losbricht. Aus dem Untergrund steigen grauenhafte Gestalten empor und richten ein Blutbad unter der Bevölkerung an, nicht einmal die Armee kann den dämonischen Pack Einhalt gebieten.
Doch woher kommt die Teufelsbrut auf einmal? Die Antwort ist so verrückt wie simpel: Ein uralter Hexenmeister hält sein wohlverdientes Nickerchen am Abgrund der Hölle, die Dämonen sind allesamt die Ausgeburt seiner Träume. Nun liegt es am Spieler bzw. der Hauptfigur Katrien, den Abgrund hinabzusteigen und dem schlafenden Hexenmeister aus seinen Träumen zu reißen. Welch ein komischer Twist, dass auch die Heldin nur ein Hirngespinst seiner Träumerei ist.
Abstieg mit Hindernissen
Kurz zusammengefasst ist Abyss Odyssey eigentlich schnell erklärt: Der Abgrund besteht aus mehreren Ebenen und auch drei verschiedenen Bereichen, nämlich einer Höhlen-, Wald- und Schnee-Landschaft. Diese gilt es Schritt für Schritt zu meistern, um so von Ebene zu Ebene voranzukommen. Am Ende des ganzen wartet dann der Hexenmeister, wird dieser besiegt, ist das Spiel gemeistert.
So einfach wie es sich anhört ist die Sache allerdings nicht, natürlich versperren Fallen und fiese Gegner den Weg für die Heldin, auch sind die zufallsgenerierten Ebenen in verschiedene Schwierigkeitsgrade eingeteilt. Dafür ist diese nicht nur mit einem handlichen Degen ausgestattet, sondern beherrscht auch noch die Genre-üblichen Gameplaymechaniken wie einen Doppelsprung, Wallglide, Blocken und Ausweichen.
Schnell merkt man aber, dass die Kämpfe wohl eher eine Qual, anstatt eine vernünftige Herausforderung sind. Neben den schon genannten Moveset kann Katrien anfangs nur einen normalen und einen Spezialangriff tätigen, so verkommen die Kämpfe in Abyss Odyssey sehr schnell zu einem reinen Button-Mashing und wildem Ausweichen. Auch ist die Steuerung leicht behägig und reagiert erst immer kurz nach Knopfdruck, sodass die Kämpfe noch nerviger werden.
Zwar können so einige Ebenen gemeistert werden, aber grade bei den schwierigeren ist schnell Zapfenstreich angesagt. Ein Game Over bedeutet hier aber nicht gleich das vollkommene Ende, segnet Katrien das Zeitliche, springt ein chilenischer Soldat für sie ein. Dessen Aufgabe besteht nur darin, einen Altar aufzusuchen, um die Heldin wiederzubeleben. Leichter gesagt als getan, verfügt der Uniformträger doch zu allem Überfluss über ein noch begrenzteres Moveset. Wird dann auch noch der Altar nicht rechtzeitig gefunden, muss der Spieler wieder komplett von vorne anfangen.
Geduld ist eine Tugend
Was sich wie eine Zumutung von Spiel anhört, ist es am Anfang wirklich auch. Gerade in der ersten Stunde würde man am liebsten den Controller in die Ecke pfeffern und Abyss Odyssey einfach nur beenden. Im Grunde genommen benötigt der gewillte Spieler aber nur eine gehörige Portion Geduld, damit sich das Spielerlebnis komplett öffnen kann.
Zwar sind die Kämpfe anfangs hakelig und nervig, jedoch werden aus jedem bestandenen Aufeinandertreffen mit der Höllenbrut entweder Gold, Schlüssel für Schatztruhen oder Gegenstände gewonnen. Letztere können entweder Heil- oder Manatränke, aber auch neues Equipment wie Ringe oder Waffen sein. Ab und an liegen die Waffen auch zufallsbedingt in den Eben verteilt herum, meistens sind diese mit Feuer-, Frost-, oder Giftschaden versehen. Allerdings kann Katrien nicht alle Waffen aufnehmen, sondern nur Degen. Im späteren Spielverlauf können nämlich noch zwei weitere Charaktere freigeschalten werden, die dann wiederum auch nur ihre Lieblingswaffen aufnehmen können.
Das gewonnen Gold kann bei den Händlern ausgegeben werden, die sich entweder an der Oberfläche im Anfangshub, oder im Abgrund herumtreiben. Dort ist es möglich neue Ausrüstung zu erstehen, aber auch die wichtigen Lager-Tokens findet man dort. Diese können bei den Altaren eingesetzt werden und dienen als Checkpoints. Wird das Spiel normal beendet oder stirbt man auch beim Zweitversuch mit einem Soldaten, fängt Katrien immer wieder ganz von vorne, also an der Erdoberfläche, an. Zwar bleiben Levelups und Gold erhalten, die gekauften Gegenstände sind dann aber futsch. Wurde jedoch ein Lagertoken eingesetzt, kann ab den entsprechen Punkt mit bleibender Ausrüstung einfach weitergespielt werden.
Durch die Lagertokens eröffnet sich dann auch gleich eine kleine taktische Komponente. Da wie bereits erwähnt nach dem endgültigen Tod die Ausrüstung weg ist, muss sich genau überlegt werden, wo der Token eingesetzt wird. Auf eine Karte kann nachgesehen werden, welchen Schwierigkeitsgrad die nächste Ebene besitzt. So kann der Spieler schon vorplanen, wo es die meisten Goodies abzustauben gibt oder wo es vielleicht ratsam wäre, das Gebiet zu wechseln und somit schweren Ebenen auszuweichen.
Letzten Endes werden durch die Levelups und der erbeuteten Ausrüstung sogar die Kämpfe einigermaßen spaßig, overpowered ist Katrien aber nie und so bleibt jeder Kampf auch einigermaßen fordernd (vorausgesetzt, die Gegner verheddern sich nicht ineinander oder stehen brav Schlange). Lediglich die Zwischenbosse stellen immer eine neue Herausforderung dar und sind wohl meistens der Grund für einen Neuversuch.
Durch Kämpfe und Erkundungstouren erhält man dann auch irgendwann Fähigkeitspunkte und neue Spezialangriffe. Durch die Spezialangriffe bekommt das Moveset etwas mehr Variation und Tiefgang, mit den Fähigkeitspunkten können die Spezialangriffe ausgebaut und verbessert werden. Dadurch fühlen sich die Kämpfe etwas geschmeidiger an, im späteren Verlauf sind dann auch Komboketten möglich. Ist die Manaanzeige ganz voll, kann sogar eine ultimative Spezialattacke entfesselt werden, die den Gegner einsaugt. Dadurch hat man ihn wie bei Pokemon eingefangen und fortan im Kampf einfach darauf umgeswitcht werden, sollte die normale Lebensanzeige zu Neige gehen.
Je nach der Anzahl an Neuversuchen kann der Abstieg bis zum Hexenmeister zwischen zwei bis drei Stunden dauern. Da man mit den anderen zwei freischaltbaren Charakteren auch wieder von neu anfangen muss, und da diese wieder andere Movesets mit sich bringen, erstreckt sich die Gesamtspielzeit auf etwa 10 Stunden. Das Abenteuer kann wahlweise auch im Koop-Modus bestritten werden, ist dies auch irgendwann zu langweilig, kann man sich im Versus-Modus gegen andere Spieler im Kampf messen.
Abyss Odyssey ist seit dem 15. Juli für PC, Playstation 3 und Xbox 360 erhältlich.
Fazit Belakor
Abyss Odyssey hat mich mit sehr gemischten Gefühlen zurückgelassen. Wie bereits erwähnt war ich auch anfangs davon überrascht, wie unfassbar träge und langweilig beim ersten Eindruck rüberkommt. Zu schnell hat man das Zeitliche gesegnet, zu langsam und ungenau waren die Kämpfe. Auch musste ich beim ersten Ableben mit einem Soldaten erst einmal um Fassung ringen, da ich nicht glauben konnte, dass meine komplette Ausrüstung weg war und ich auch noch von Anfang an wieder beginnen durfte. Die aufgebrachte Geduld hat sich dafür aber ausgezahlt, da sich nach ungefähr einer Stunde endlich das Gameplay etwas mehr geöffnet hat. Mit neuen Waffen, neuen Spezialangriffen und auch den Lagertokens gewinnt Abyss Odyssey ungemein ein Spielbarkeit hinzu.
Leider muss man jedoch auch sagen, dass das Spiel zwar viele verschiedene Elemente vereinen wollte, dies aber nur immer bedingt geklappt hat. Am Kampfsystem hätte trotzdem noch etwas getüftelt werden können und der Wiederspielwert ist spätestens dann vorbei, wenn das Spiel einmal mit allen Charakteren durchgespielt wurde. Auch die Story hat vielversprechend begonnen, zu sehr wurde man aber danach im Dunkeln gelassen. Die Geschichte des Hexenmeisters wird nur mit Tagebucheinträgen erweitert, die ab und an von Gegner fallengelassen werden. Auch trifft Katrien im Spiel auf einen sprücheklopfenden Gitarrenspieler oder einen geigespielenden Dämon, der einen nach seiner Befreiung zwar reich beschenkt, dann aber mitten im Spiel auftaucht und angreift. Leider wurde hier nicht mal im Ansatz erklärt, was es mit den beiden Herrschaften auf sich hat. So ist Abyss Odyssey zwar ein kurzer Zeitvertreib, aber auch weder Fisch noch Fleisch.