7 Tote, 60 Verletzte - Prozess um Klinik-Skandal

Düsseldorf (dpa) - Einer der größten Klinik-Skandale in Deutschland wird seit Donnerstag vor dem Mönchengladbacher Landgericht aufgerollt. Mehrere Ärzte sollen aus Profit- und Karrierestreben im benachbarten Wegberg den Tod von 7 und die Verstümmelung von 60 Patienten in Kauf genommen haben.

Der Hauptangeklagte ist der Klinik-Geschäftsführer Dr. Arnold Pier. Ihm werden sieben Todesfälle und mehr als 60 Körperverletzungen an Patienten zur Last gelegt. Neben dem 53-Jährigen sitzen fünf weitere Ärzte auf der Anklagebank.

Aus Kostengründen soll Patienten frisch gepresster Zitronensaft in offene Wunden geträufelt worden sein, um teure Desinfektionsmittel zu sparen. Auch bei Blutkonserven und teuren Medikamenten sei auf Kosten der Patienten gespart worden. Außerdem sollen Patienten ohne medizinischen Grund gesunde Organe wie Gallenblasen, Nieren und Brustfelle entnommen worden sein, so die Anklage.

Der Hauptangeklagte war Klinik-Besitzer, Chefarzt und ärztlicher Direktor in einer Person. Am 1. Januar 2006 hatte der Arzt das kleine St. Antonius-Krankenhaus von der Kommune Wegberg gekauft, als es vor der Insolvenz stand. Das Krankenhaus hatte knapp 100 Betten und beschäftigte rund ein Dutzend Ärzte. Pier soll nur 26 000 Euro für die Klinik bezahlt haben.

Die Staatsanwaltschaft hat 106 Zeugen und sechs medizinische Gutachter benannt. Die Anklageschrift ist 382 Seiten stark. Bis März hat das Gericht 24 Verhandlungstage angesetzt.

Zur Verlesung der Anklage kam es beim Prozessauftakt nicht. Die Verhandlung wurde schon nach rund 20 Minuten wegen eines Befangenheitsantrags gegen zwei der Richter vertagt. Piers Verteidiger Egon Geis argumentierte, der Vorsitzende Richter Lothar Beckers und eine Beisitzerin könnten voreingenommen sein, weil sie einen Haftbefehl gegen den Chefarzt erlassen hatten, ohne die Vorwürfe ausreichend zu prüfen. Der Haftbefehl war nach einem halben Jahr vom Oberlandesgericht Düsseldorf aufgehoben worden, weil das OLG keine Fluchtgefahr sah.

Nun muss eine andere Kammer des Gerichts den Befangenheitsantrag prüfen. Das Ergebnis soll in der kommenden Woche verkündet werden. Anwalt Geis kündigte bereits weitere Anträge an: «Wir haben noch ein paar in der Tüte.» Im Übrigen werde sich sein Mandant bald zu den Vorwürfen einlassen.

Der Hauptangeklagte ist immer noch Geschäftsführer der Klinik und derzeit auf freiem Fuß. Außer Pier habe keiner der mitangeklagten Ärzte die Zulassung verloren, hieß es vonseiten der insgesamt 13 Verteidiger. Der Prozess wird am kommenden Donnerstag fortgesetzt.

Von Frank Christiansen, dpa

[Gericht]: Hohenzollernstraße 157, Mönchengladbach [Klinik]: Birkenallee 18, Wegberg

Prozesse / Gesundheit
17.09.2009 · 15:57 Uhr
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