Wirtschaft Kuriosum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

(Bier)Kelle

BackRoad Fahrer
ID: 1297
L
28 April 2006
6.829
507
Hallo,

seit den 70er Jahren gibt es das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AüG), welches es einer Firma erlaubt, seine Mitarbeiter an andere Unternehmen auszuleihen, unter Berücksichtigung diverser Vorschriften.

Ein wesentlicher Punkt des Gesetzes ist, dass der verliehene Arbeiter nicht schlechter gestellt sein darf, als ein normaler Mitarbeiter.

Daneben gibt es die Möglichkeit, z.B. über Dienst- oder Werkverträge externe Mitarbeiter zu beschäftigen.

Um die soziale Absicherung des verliehenen Arbeitnehmers sicherzustellen, bzw. um ein Unterlaufen des AüG zu vermeiden, gibt es Bewertungskriterien, nach denen entschieden werden muss, welche Vertragsart zu wählen ist.
Dieses kann von der Agentur für Arbeit überprüft werden, bei Verstoß dagegen drohen drastische Strafmaßnahmen gegen die Unternehmen.

Soweit, so gut.

Jetzt sind wir in der Situation, dass wir temporär auf externe Kräfte zurückgreifen müssen.

Angebote für AüG liegen bei 50 bis 60 € die Stunde, Angebote für Dienst/Werkverträge liegen von Freiberuflern bei 70/75 € pro Stunde aufwärts.

Um der Gesetzeslage Rechnung zu tragen, können wir nur billige AüG Kräfte einstellen, aber keine gut bezahlten Freiberufler.

Ist das nicht etwas unlogisch?

gruss kelle!
 
Nein (Bier)Kelle,

die Freiberufler fallen nicht unter das AÜG, sie sind ja nirgends angestellt, sie überlassen sich nicht selbst, sie arbeiten in eurem Auftrag. So gesehen vergleichst Du ganz deutlich gesprochen "Angestellte bei Zeitarbeitsfirmen = Leiharbeitnehmer" mit "Selbständigen/Freiberuflichen".

Die Problematik sehe ich in diesem Fall als nicht zutreffend für eure Firma, die zu verleihende Firma hat das Problem. Ihr seit doch nicht verpflichtet 10 Vergleichsangebote zu holen, ihr nehmt z.B. den ersten der sich anbietet und der wird nachher von der Arge geprüft ob er die Leute zu billig oder zu teuer verliehen hat (zu billig wohl eher als Kriterium). Und das Unterlaufen des AÜG wird auch nur bei langfristigen Verträgen oder sich ständig nahtlos aneinander anschliessenden Verträgen geprüft.

Ich würd mir da keinen Kopf machen, es sei denn ihr seit eine Zeitarbeitsfirma die verleiht, aber die kennen die Gesetze genauer.

Greets
Norbert
 
Um der Gesetzeslage Rechnung zu tragen, können wir nur billige AüG Kräfte einstellen, aber keine gut bezahlten Freiberufler.
Das versteh ich nicht. Wer (welches Gesetz) hindert euch, Freiberufler einzustellen bzw. den Leiharbeitern auch 70 Euro zu "zahlen"? (Hey, wenn du denen wirklich 70 Euro in die Hand drücken würdest, könntest du vor lauter Leuten nicht mehr arbeiten :LOL: ;) )

Um welche Arbeit gehts überhaupt? Ich kenn mich mit den ganzen Abgaben nicht so aus, aber das klingt nicht nach einem einstelligen Netto-Stundenlohn.
 
Das versteh ich nicht. Wer (welches Gesetz) hindert euch, Freiberufler einzustellen bzw. den Leiharbeitern auch 70 Euro zu "zahlen"?

Im Prinzip ist es die komplette Sache mit dem AüG.
Da gibt es ein paar Kriterien:
Bei AüG kannst Du den Leiharbeiter genauso behandeln, wie einen Angestellten (Arbeitsaufträge geben, Arbeitszeiten festlegen ...)
Bei einem Dienst/Werkvertrag (Freiberufler nutzen standardmäßig diese Verträge), darfst Du sowas nicht bzw. nicht direkt.

Das geht bis dahin, dass in einem Besprechungsprotokoll zwar der Name einer AüG Kraft auftauchen darf, nicht aber der Name eines Freiberuflers.

Und und und...

Wird seitens der Agentur für Arbeit ein Verstoß festgestellt, haftet der interne Auftraggeber bei uns persönlich mit bis 25.000€, der Freiberufler könnte sich auf einen Arbeitsplatz einklagen und die Firma kann mit Restriktionen belegt werden, die bis dahin gehen, dass sie an Ausschreibungen der öffentlichen Hand nicht teilnehmen darf.

So, manche scheren sich einen Dreck drum (Welcher Freiberufler der bei 25 h/Woche 3.000 netto im Monat verdient will sich auf nen 35h/Woche Job für weniger Kohle einklagen?), manche nehmen es ganz genau.

Um welche Arbeit gehts überhaupt? Ich kenn mich mit den ganzen Abgaben nicht so aus, aber das klingt nicht nach einem einstelligen Netto-Stundenlohn.

Software und Systementwicklung im Bahnbereich.

Norby51 schrieb:
Ich würd mir da keinen Kopf machen, es sei denn ihr seit eine Zeitarbeitsfirma die verleiht, aber die kennen die Gesetze genauer.

Weißt Du, wenn das Angebot für AüG Kräfte in unserem speziellen Fall überhaupt da wäre, würde ich mir keinen Kopf drum machen, ABER qualifizierte Leute gibts im Verhältnis 99:1 nur bei Freiberuflern.

Ende vom Lied: Ich schieb Überstunden, muss Arbeit liegen lassen etc...

gruss kelle!
 
Im Prinzip ist es die komplette Sache mit dem AüG.
Da gibt es ein paar Kriterien:
Bei AüG kannst Du den Leiharbeiter genauso behandeln, wie einen Angestellten (Arbeitsaufträge geben, Arbeitszeiten festlegen ...)
Bei einem Dienst/Werkvertrag (Freiberufler nutzen standardmäßig diese Verträge), darfst Du sowas nicht bzw. nicht direkt.

Also, im AüG geht es um einen Angestellten, der vom Untnehmen A an das Unternehmen B ausgeliehen wird. Unternehmen B muss ihn theoretisch zu mindestens gleichen Konditionen wie das Unternehmen A (für das er ja arbeitet) beschäftigen (Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub, etc.)
Wenn ich mir einen "Freiberufler" (absolut falsche Bezeichnung, da Freiberufler zwingend einem Berufsverband (Speziell einer Kammer (Ärztekammer, STeuerberaterkammer, etc.) angehören muss). Programmierer sind keine Freiberufler, sondern normale Gewerbetreibende, sprich sie sind selbst das Unternehmen A (wie oben). Für deren Beschäftigung gilt ausschliesslich das zwischen Unternehmen A und B vereinbarte. Es handelt sich um den Handel mit einer Dienstleistung in dem Fall.

Das geht bis dahin, dass in einem Besprechungsprotokoll zwar der Name einer AüG Kraft auftauchen darf, nicht aber der Name eines Freiberuflers.
Und und und...

Warum darf der Name des Freiberuflers nicht auftauchen? Ist doch schwachsinn. Warum darf die eine Firma aufgeführt werden, aber die andere Firma, die da im Zusammenhang mit steht, nämlich mit ihrer Dienstleistung, nicht? Wäre ungefähr so, als wenn Coca Cola in ihren Gesprächsprotokollen nicht die Firmennamen ihrer Zulieferer verwenden dürfte.


Wird seitens der Agentur für Arbeit ein Verstoß festgestellt, haftet der interne Auftraggeber bei uns persönlich mit bis 25.000€, der Freiberufler könnte sich auf einen Arbeitsplatz einklagen und die Firma kann mit Restriktionen belegt werden, die bis dahin gehen, dass sie an Ausschreibungen der öffentlichen Hand nicht teilnehmen darf.

Ahhh, also, auch hier eher schwammig, was es den "Freiberufler" betrifft. Das was du hier ansprichst, wäre eine Scheinselbständigkeit, um die es sich nicht zwingend handeln muss. Der "Freiberufler" darf mit seinem Gewerbe nunmal auch noch für andere Tätig sein. Und wenn der "Freiberufler" auch nur eine Kraft mehr als sich selbst SOZIALVERSICHERUNGSPFLICHTIG beschäftigt hat, entfällt die Möglichkeit der Scheinselbstständigkeit direkt.

So, manche scheren sich einen Dreck drum (Welcher Freiberufler der bei 25 h/Woche 3.000 netto im Monat verdient will sich auf nen 35h/Woche Job für weniger Kohle einklagen?), manche nehmen es ganz genau.

80% der "Freiberufler" arbeiten sicherlich mehr als deine hier erwähnten 25h/Woche und verdienen nichtmal die 3.000 netto im Monat. Die Zahlen sind etwas sehr Hoch gegriffen.
 
Warum darf der Name des Freiberuflers nicht auftauchen? Ist doch schwachsinn.

Ist der Freiberufler per Werlvertrag "eingestellt", steht ja von vornherein fest, wann er was zu liefern hat.
Krieg er dann eine Arbeit zusätzlich zugewiesen, was irgendwo niedergeschrieben ist, für die es keinen Vertrag gibt, hast Du ein Problem.

Es gibt da halt ein Fragebogen mit Bewertungen, die wir ausfüllen müssen. Da tauchen solche Punkte halt auf.

Das Problem ist halt, dass Du eine sehr extreme Trennung des Freiberuflers vom Angestelltenvolk einhalten musst.

Ahhh, also, auch hier eher schwammig, was es den "Freiberufler" betrifft. Das was du hier ansprichst, wäre eine Scheinselbständigkeit, um die es sich nicht zwingend handeln muss.

Eben nicht.
Hast Du einen Werkvertrag, wirst aber behandelt wie ein Angestellter, kannst Du daraufhin Krawall machen.
Scheinselbstständigkeit ist im IT Leben etwas einfacher gehandelt, da man z.B. für ein konkretes Projekt und damit einen entsprechenden Zeitraum exklusiv für einen Arbeitgeber arbeiten kann.

80% der "Freiberufler" arbeiten sicherlich mehr als deine hier erwähnten 25h/Woche und verdienen nichtmal die 3.000 netto im Monat. Die Zahlen sind etwas sehr Hoch gegriffen.

Abwarten.
Es gab ein Angebot für Dienstvertrag von 75 € pro Stunde. Bei 24/25 Stunden die Wohe.
Aussage einer Freiberuflerin: Von dem vereinbarten Stundensatz bleiben ca. 40% netto übrig. Klar kann der Wert schwanken (Wenn man ne Unterkunft zahlen muss...), aber als Daumenwert passt das.

So:
75 * 40% = 30 * 25 = 750 * 4 = 3.000 €

Die Freiberufler die ich in meinem beruflichen Umfeld kenne, die verdienen alle besser als gutbezahlte Festangestellte. Wobei Siemens verdammt gut zahlt.

Klar kenn ich auch nen Freiberufler, der macht 08/15 IT und html Programmierung, der verrechnet 37,50 € die Stunde.

gruss kelle!
 
Guten Morgen Kelle,
na, das scheint ne Diskussion zwischen uns beiden nur zu werden *g

Ist der Freiberufler per Werlvertrag "eingestellt", steht ja von vornherein fest, wann er was zu liefern hat.
Krieg er dann eine Arbeit zusätzlich zugewiesen, was irgendwo niedergeschrieben ist, für die es keinen Vertrag gibt, hast Du ein Problem.

Also, er bekommt Deathlines gesetzt, was im Dienstleistungsbereich ja nichts aussergewöhnliches ist. Sorry, aber man will Just in Time produzieren bzw. arbeiten, das setzt vorraus, das jemand keine x-Jahre für etwas braucht. Was mich jedoch wundert ist der Werksvertrag, würde diesen eher als Standartvertrag bezeichnen, da sich hier zwei Unternehmen treffen und damit das HGB immer zwingend gültig ist.

Es gibt da halt ein Fragebogen mit Bewertungen, die wir ausfüllen müssen. Da tauchen solche Punkte halt auf.

Liegt wohl in dem Fall einfach auch an haftungsrechtlichen Dingen. Wenn damit dritten gegenüber aufgetreten wird, dann werden "Subs" oft nicht mit angegeben.

Das Problem ist halt, dass Du eine sehr extreme Trennung des Freiberuflers vom Angestelltenvolk einhalten musst.

Tausch mal bitte Freiberufler gegen Unternehmer, dann wirds offensichtlicher warum dem so ist.

Eben nicht.
Hast Du einen Werkvertrag, wirst aber behandelt wie ein Angestellter, kannst Du daraufhin Krawall machen.
Scheinselbstständigkeit ist im IT Leben etwas einfacher gehandelt, da man z.B. für ein konkretes Projekt und damit einen entsprechenden Zeitraum exklusiv für einen Arbeitgeber arbeiten kann.

Damit jemand als Scheinselbständig durchgeht, darf er nur einen Auftraggeber haben bzw. muss einen Auftraggeber mit einem massiven Umsatzaufkommen haben. Liegt oberhalb der 80% wenn ich es recht im Kopf habe. Wenn dein AG nun die Leute pro Woche nur 25 Std. beschäftigt, dann haben sie ja zu einem normalen Angestellten hin noch 15 Std. Zeit Umsatz zu erarbeiten. Dürfte reichen, damit die 80% nicht erreicht werden. Also ist der gewerbetreibende Unternehmer in der Lage die Scheinselbständigkeit zu umgehen.

Abwarten.
Es gab ein Angebot für Dienstvertrag von 75 € pro Stunde. Bei 24/25 Stunden die Wohe.
Aussage einer Freiberuflerin: Von dem vereinbarten Stundensatz bleiben ca. 40% netto übrig. Klar kann der Wert schwanken (Wenn man ne Unterkunft zahlen muss...), aber als Daumenwert passt das.

So:
75 * 40% = 30 * 25 = 750 * 4 = 3.000 €

Die Freiberufler die ich in meinem beruflichen Umfeld kenne, die verdienen alle besser als gutbezahlte Festangestellte. Wobei Siemens verdammt gut zahlt.

Klar kenn ich auch nen Freiberufler, der macht 08/15 IT und html Programmierung, der verrechnet 37,50 € die Stunde.

gruss kelle!

Ahhh, 40%, sprich 3000€ NETTO? Daran mag ich etwas Zweifel, wobei die Kostenstruktur sehr schmal sein kann, aber so schmal glaube ich nicht.
3000€ netto würde, sofern jemand Single und in der GKV ist, bedeuten, das er ein Brutto von ca. 6000€ braucht, wären nur noch 50% vom reinen Umsatz die bleiben. Dann kommt weiterhin Afa, Kfz, etc. hinzu, die den Gewinn als Kosten senken. Unter 8000€ Umsatz pro Monat wird nix gehen.