Eintrag #13, 27.07.2005, 03:21 Uhr

Verluste

In der ersten Nacht schien es mir noch, als würde der Schmerz unauslöschlich in mir brennen.
Ich lag auf dem Bett in der Dunkelheit, die Arme weit ausgebreitet, so wie jemand, der offen seinen Tod begrüßt und der sich nicht dem verschließt, was ihm das Herz zerreißt.
Ich habe viele Nächte in letzter Zeit derart begonnen.
Doch mit der Zeit wird es leichter, man denkt nicht mehr so häufig an die Verluste, die man erlitten hat.
Ich habe dich zurückgewiesen, habe in atemloser Hilflosigkeit resigniert und habe geschwiegen im Bewußtsein, daß doch jedes Wort nur noch mehr Schaden anrichtet als es verhindern könnte.
Ich habe uns direkten Kontakt verboten und weiß doch, daß wir uns ewig umlauern werden.
Der Mensch ist ein Affe und wenn er etwas nicht kriegt, was er unbedingt haben möchte, (ja was er auch bekommen würde, wenn nicht...) dann will er es nur noch umso mehr.

Ich möchte dich verdammen, weil du so viel Schmerz in mir erzeugst und doch möchte ich dich gleichzeitig an mich ziehen und nie wieder loslassen.
Ich möchte dich anschreien und dir vorwerfen, wie du es nur zulassen konntest und möchte dich gleichzeit auf Knien um Vergebung bitten dafür, daß ich nicht den Mut habe, dich einfach zu entführen, die Konsequenzen zu akzeptieren und nach dem zu leben, was ich für richtig halte.

Ich weiß, daß du es möchtest.
Und ich weiß, daß nichts dich halten könnte, wenn ich wirklich käme.

Aber ich weiß auch, daß ich die Verantwortung, die dies mit sich brächte, nicht ignorieren könnte und dass ich mich davor fürchte.

Ich weiß, daß du mich verstehst, oh ich weiß es so genau und dieses Bewußtsein bringt mich noch um den Verstand.

Gib mir Zeit...
Du hoffst in Jahrzehnten, auf eine Zeit, in der du von deinen Pflichten entbunden bist.
Ich dagegen hoffe auf eine Zeit davor, eine Zeit, in der ich mich und meinen Platz in der Welt gefunden habe und an dem ich bereit bin, strikt nach dem zu leben was ich fühle und denke und die jeweiligen Konsequenzen voll und ganz zu akzeptieren.
Versuche nicht, mich vorher zu kontaktieren, es würde uns beide nur zerreissen.
Vergib mir, daß ich so ein Feigling bin...


Ach ja, Verluste. Mehrzahl...
Mein Opa ist vor einer Woche gestorben.
Als ich erwachte erschien es mir ein Tag wie jeder andere zu sein und doch war er anders, denn ab diesem Tag gab es etwas Wichtiges weniger in meinem Leben.
Ich hatte es erwartet, ich hatte damit gerechnet und ich wußte, daß wir uns längst voneinander verabschiedet hatten.
Als ich hinterher zum ersten Mal seine Wohnung betrat traf es mich beinahe wie ein Schlag. Die Wohnung war noch immer dieselbe, die Möbel standen an derselben Stelle, das Bett war gemacht wie in freundlicher Erwartung, die Luft roch noch immer wie früher und auch die gemalte Sonne auf dem Einkaufszettel lächelte freundlich wie all die Monate zuvor.
Ich habe ihn seit Jahren regelmäßig besucht, früher immer nur Samstag, seit über einem Jahr auch noch immer Dienstags.
Das ist jetzt vorbei. Vorbei für immer.
Denn er wird nie wieder in seiner Wohnung sitzen und sich über meinen Besuch freuen.
Und ich werde nie wieder zusammen mit ihm die Vögel auf seinem Balkon beobachten, die er so sehr mochte.
Werde ihm nie wieder über den Kopf streichen und ihn ermahnen, er solle doch mehr essen.

Was bleibt sind einzig meine Erinnerungen, eine Waschmaschine, ein Staubsauger und ein Telefon für meine erste eigene Wohnung... und eine selbstgemalte, lächelnde kleine Sonne auf einem vergilbten Stück Papier.


Ps: Niemand, der das liest muss verstehen, worum es geht und niemand sollte sich die Mühe machen zu fragen. Im Grunde sollte es auch niemand lesen außer vielleicht einer Person.
Also ignoriert diesen Weblog am besten, das wäre wohl für alle die bessere Wahl.
Gute Nacht
 
 (38) barank
 (??) Mehlwurmle
 (44) klausdm
 (54) k3552
 (45) Todt
 (52) Honeyflower
 (44) klamm
 (31) KBlast
 (??) no_comment

... und 48 Gäste
Wer war da?